Von der U-Halle zur „YOUHALLE“
Umnutzung / Transformation
Die ehemalige Lagerhalle auf dem Spinelli-Areal soll durch angemessenen Materialeinsatz für die Aufnahme des Nutzungsprogramms der BUGA 2023 qualifiziert werden. Nach der temporären Nutzung als zentrale Anlaufstelle der BUGA 2023 soll die Anlage weiter zurückgebaut und einer dauerhaften Nutzung mit überregionaler Strahlkraft als lebendiger Attraktor im Park verstetigt werden: Die ehemalige U-Halle als Güterbahnhof und Lagerfläche wird zur öffentlich genutzten YOUHALLE für die Bürgerschaft.
Die ca. 345m lange Halle wird in ihrer Wahrnehmung als horizontale Landmarke / groundscraper im Park (im Gegensatz zur Multihalle als Democratic Umbrella / „Stadt in der Stadt“) durch die weitestgehend geschlossene Südseite größtenteils beibehalten. Präzise gesetzte Öffnungen in den parkseitigen Fassaden schaffen Sichtbezüge und Adressen. Die Inszenierung des ehemaligen Güterbahnhofs als BUGA-Zentrum findet jedoch schwerpunktmäßig im Zwischenraum statt.
Einbindung in die BUGA Landschaft
Der Hallenbestand wird von der Westseite beginnend um ca. 30% seiner Fläche auf die signifikante Tragstruktur zurückgebaut, um eine bessere Frischluftbewegung im Park zu ermöglichen. Im Bereich der geplanten übergeordneten Wegeführung der BUGA wird eine durchgehende Schneise in dem Baukörpervolumen geschaffen. An dieser Stelle befindet sich der durch ein kreisförmiges Schotterfeld inszenierte Zugang für die Besucher auf der Südseite in Form des BUGA-Foyers mit Infopoint und der gegenüberliegende BUGA-Marktplatzes auf der Nordseite.
Das Schotterfeld wird im Freiraum als Drehscheibe verstanden. Symbolisch wird hierzu ein großzügig dimensionierter kreisrunder Bereich um den Eingang mit Abbruchmaterial belegt und der Sukzession überlassen. Hier entsteht eine spannende Landschaft mit größeren und kleineren Schollen, welche durch Pappeln und Birken anfangs ergänzt werden und sich mir der Sukzession verzahnen. Die Gehölze können im Sinne einer Kurzumtriebsplantage in regelmäßigen Abständen entnommen werden.
Die organische Besucherführung erfolgt auf dem sich natürlich ergebenden Rundweg entlang der alten Laderampen im Uhrzeigersinn - die Programme werden flanierend komplett erlebbar gemacht.
„TRANSFORMOTOR“ und die Tore / Austellungskonzept, Umnutzung, Bewegung und Blickverbindungen
Dem offenen linearen Raum zwischen den Hallenzeilen kommt bei der Umnutzung der Gesamtanlage eine zentrale Rolle zu: Die Nutzung der vorhandenen dreigleisigen Schienenanlage durch bewegliche Waggonplattformen, den sog. „MOVING DECKS“, ermöglicht die flexible programmatische Verknüpfung gegenüberliegender Hallenbereiche: Transformation durch Bewegung > TRANSFORMOTOR. Der TRANSFORMOTOR als performative, räumliche Inszenierung bildet die Reminiszenz an die vormalige Nutzung und übergeordnet an Mannheims Vergangenheit als Geburtsort für „bewegende“ Erfindungen wie das Auto und das Fahrrad. Die „Programmierbarkeit“ der Gleisanlage bietet der BUGA die Möglichkeit, im Verlauf der 6 Monate neue überraschende räumliche Situationen und Querverbindungen zwischen den wechselnden Ausstellungen und Programmpunkten herzustellen und somit eine zusätzliche Anziehungskraft zu entwickeln.
Die dem Zwischenraum zugewandten geschlossenen Hallenwände werden fast vollständig zurückgebaut und durch Drehtore ersetzt. Diese verwandeln die Fassaden zur durchlässigen Haut / Membran und laden den Besucher auf seinem Rundgang zum Flanieren und Eintreten in die unterschiedlichen Ausstellungsbereiche ein. Unterschiedliche Öffnungswinkel schaffen wiederum Blickbezüge zu gegenüberliegenden Hallen, durch die „MOVING DECKS“ entstehen Übergänge und „short cuts“.
„EISBERG“ / Stairway to heaven
Einen weiteren räumlichen (Nutzungs-)Schwerpunkt bildet die zentrale Treppen- und Sitzstufenanlage, die als artifizieller Eisberg codiert dem Naturzeitzentrum mit der Eiszeitsafari ein einprägsames Zeichen schafft und dieses in der YOUHalle verortet. Der „Eisberg“ als skulpturale Treppenanlage über dem Eiszeitzentrum bietet eine weitere Möglichkeit, die Halle aus einem anderen Blickwinkel kennen zu lernen und den Blick an zentraler Stelle über das BUGA Gelände schweifen zu lassen. Von hier aus sind die spannende Dachlandschaft, die PV Anlagen und das gesamte Nachhaltigkeitskonzept erkenn- und erlebbar. Als räumliches Element gibt die „Stairway to heaven“ dem langen horizontalen Baukörper der Halle eine neue Richtung sowie einen prägnanten räumlichen Abschluss.
„INFINITY POOL“ / Nachhaltiger Wasserkreislauf
Im dynamischen, durch die „MOVING DECKS“ bespielten ehemaligen Gleisraum wird neben dem räumlich performativen Thema der Waggons das Naturthema Wasser platziert. Die Aggregatsübergänge von Eis – Wasser – Dampf sowie die Regeneration von Brauch- zu Trinkwasser werden durch einen nachhaltiger Wasserkreislauf inszeniert.
Das Wasser der Dachflächen wird in einer Zisterne, dem „Wassertisch“, gesammelt, rückgehalten und als Wasserelement erlebbar gemacht. Nach Westen bildet die Wasserfläche als „INFINITY POOL“ den räumlichen Abschluss des BUGA-Zentrums und stellt den Beginn des Wasserkreislaufes dar. Über die Verdunstung wird ein positiver Effekt in Bezug auf das Mikroklima erzielt, die Nutzer können über entsprechende Vorrichtungen Wasser für bspw. das Wässern der Pflanzen entnehmen.
Über eine leicht geneigte Fläche gelangt das Wasser vom Wasserspiegel auf den unteren ehemaligen Gleisbereich. Dieser wird als weitere Regenwasserrückhaltung, und zur natürlichen Reinigung des Wassers genutzt.
Von hier aus wird das Wasser wieder der Zisterne zugeführt, sodass sich der Wasserkreislauf schließt. Ein Überlauf in ein Sickerbecken oder in eine Sickermulde ist angedacht. Weiterhin kann das System über einen Zulauf im Sommer aufrechterhalten oder multifunktional nutzbar auch temporär trocken gelegt werden.
Nachhaltigkeit und Klima / „REUSE, RECYCLE, REPROGRAM“
Die Umnutzung des ehemaligen Güterbahnhofs zum Zentrum der BUGA23, die u. a. im Zeichen des Klimawandels steht, legt nahe, nachhaltige architektonische Strategien aufzuzeigen. Zudem steht ein in Anbetracht der Größe und Bedeutung der Aufgabe geringes Budget der hohen Erwartungshaltung der Ausloberin gegenüber und führt somit zu Lösungen die aus dem Bereich REUSE, RECYCLE, REPROGRAMMING stammen.
Nachhaltige Strategien werden auf mehreren Ebenen umgesetzt: Die Wiederverwendung / Umnutzung der vorhandenen Sandwich-Dachpaneele als Dreh- / Schiebetore und weiteren raumbildenden Elemente, Nutzung des gesammelten Regenwassers, Solare Energie durch PV-Paneele auf den Dächern, Nutzung der „rohen“ Hallen als temperaturspezifisch überschlagene 3-Jahreszeitenhallen, die durch passive Dämmelemente (Solarkissen) Wärme im Winter einfangen und so eine verlängerte Nutzung ermöglichen. Eine Winternutzung wird durch hochgedämmte Einbauten (Haus im Haus) möglich.
Perspektive 2024
Für die Zeit nach der BUGA werden das Eiszeitzentrum, die Veranstaltungshalle (Vorbild halle02 HD), die Parkfarmer, das Green Restaurant sowie die Ausstellung- bzw. Forschungseinrichtung „Natur im urbanen Raum“ zu dauerhaften Einrichtungen mit Publikumsverkehr. Die Verknüpfung von Kultur, die Vermittlung eines Bewusstseins für Ernährung bzw. nachhaltige Nahrungsmittelproduktion sowie ergänzende Bewegungs- und Sportangebote werden als inhaltlich kongruenter und hochattraktiver Ansatz vorgeschlagen. Unterschiedliche klimatische Qualitäten der verschiedenen Hallenbereiche schaffen die Voraussetzung für die ergänzenden Angebote: Eine temperierbare 3-Jahreszeitenhalle eignet sich z. B. ideal für Trend- bzw. Lifestyle- Sportnutzungen wie eine Skate-Halle, eine Surfhalle mit stehender Welle (Mannheim am Meer!), als Infrastruktur für Musikevents / Maifeld Derby, Enjoy-Jazz oder als Spielstätte des Kinofestivals IFFM. Für die ganzjährige (Winter)nutzung müssten beheizbare Raum-in-Raum-Konzepte verwendet werden.
Die „moving decks“ im Zwischenraum bieten als flexible Bühnenarchitektur eine veränderbare open-air Kulisse für Theatervorführungen oder einen Laufsteg für Mode- und Produkt-präsentationen sowie intimere Konzerte. Eine offene Sommerhalle bzw. ein Schattendach eignen sich für einen Fitnessparkour, für Outdoorsport / Bootcamp und sind als temporär aneigenbare Trägerstruktur Ausgangspunkt für ein (Interaktions-)Nutzung durch Besucher im westlichen Hallenbereich.
Insgesamt entstehen unterschiedlichste Motivationen für Besucher, die YOUHALLE zu erleben bzw. mit Leben zu füllen und sie zu einem Ort mit integrierender sozialer Wirkung werden zu lassen.