Gegenstand des offenen einstufigen freiraumplanerischen-städtebaulichen Realisierungswettbewerbs mit Ideenteil waren die Daueranlagen zur Gartenschau Vaihingen an der Enz 2029. Der Kernbereich der Daueranlagen des Gartenschaugeländes besteht aus dem stadtnah gelegenen Enßle-Areal, den im Überschwemmungsbereich der Enz liegenden historischen Bürgergärten, dem Häcker-Areal als städtebauliche Konversionsfläche, sowie dem Weller-Areal (ehemalige Gärtnerei) und den Enzterrassen mit den zu überplanenden Sportanlagen Egelsee. Dabei sind die historisch wertvollen Bestandteile der Bürgergärten zu sichern. Insbesondere der Übergang zwischen vorhandenem Parkhaus, Enßle-Areal und der Kernstadt soll als wertige städtische Verbindung ausgearbeitet werden, um sinnfällige Sichtbeziehungen und Raumkomponenten zu vertiefen. Die südliche Teilfläche des Häcker-Areals wird als städtebaulicher Ideenteil und der Bereich des Naturerfahrungsraums (ehem. Reitplatz) als freiraumplanerischer Ideenteil bilanziert. Es wurden Lösungsansätze zur städtebaulichen Konversion des Geländes mit Hinterlegung potenzieller städtebaulicher Neunutzungen abgefragt.
Entwurf
Die Gartenschau Vaihingen an der Enz 2029 vereint die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft unter dem Motto „Bewahren, Erfahren und Gestalten“. Dieses nachhaltige Konzept betont das „Cradle to Cradle“-Prinzip.
Mit dem Begriff „Bewahren“ werden historische Elemente und die Natur gleichermaßen geschützt und integriert, um die Verbindung von gestern und heute zu schaffen. Unter dem Thema „Erfahren“ wird die Umwelt- und Geschichtsbildung aufgewertet. Alte Freiräume werden erlebbar gemacht, und die Besucher können historische Stätten erkunden, ihre Sinne werden dabei gefördert. Im Rahmen des Leitthemas „Gestalten“ wird das volle Potential des Ortes ausgeschöpft. Gewässer werden renaturiert, Plätze und Treffpunkte geschaffen, und Parks bieten Raum für Entspannung in der Natur. Dies schafft eine lebendige Umgebung, die die Schätze der Vergangenheit und die natürliche Umgebung erhält und gleichzeitig den Bedürfnissen der Gegenwart und Zukunft gerecht wird.
Maßnahmen unter den Begriff „Bewahren“
- Historischen Bestand bewahren durch Einbeziehen in neue Planung
- Durch Wiederverwendung von Abbruchmaterialien, diesen wieder Bedeutung in ihrem Nutzen verleihen
- Naturbestand schützen durch sensible Bepflanzung und Integration der Flora und Fauna. Festlegung geschützter, nicht direkt begehbarer Bereiche
- Integration von Elementen die Biodiversität erhalten und fördern
- Kulturelle/Historische Motive kreativ einpflegen
Maßnahmen unter den Begriff „Erfahren“
- Planung von Bildungspfaden
- Planung von Erlebnispfaden oder -Flächen
- Sport und Bewegungsflächen zum Aneignen und Erfahren des Raums
- Multifunktionale Elemente integrieren
- Räume mit freier Aneignung
Maßnahmen unter den Begriff „Gestalten“
- Einbezug regionaler und nachhaltiger Materialien
- Städtebau innovativ, nachhaltig und resilient planen und weiter in die Zukunft denkend
- Klima resilient planen
- Zukunftsfähige Parks/Plätze gestalten
- Hochwasserschutz und Retention kreativ integrieren und gestalten
Städtebauliches Konzept des Enssle-Gebäudes und das neue Quartier im Häckerareal
In der bestehenden Stadtstruktur von Vaihingen existieren bereits städtebauliche Satelliten. Unser Ziel ist es, diese durch den Freiraum zu vernetzen und mithilfe von Aussichtspunkten in der Ferne deutlich erkennbar zu machen. Dieses Konzept fördert die Zusammengehörigkeit und Atraktivität der Stadt, da es die Verbindung von Landmarken und Satelliten in den Fokus stellt. Die Sichtbezüge von den Aussichtspunkten aus schaffen ein markantes und unverwechselbares Stadterlebnis.
Das städtebauliche Konzept für das Enssle-Gebäude im Bürgergärten-Areal sieht im Wesentlichen die Erhaltung der äußeren Struktur vor. Dabei wird der Rohbau entkernt und in die Wegeführung zur Altstadt integriert. Das Erdgeschoss wird mit einem Durchgang quer durch das Gebäude versehen, der sich ideal für die Bespielung eines Marktes eignet, der die umgebende Platzfläche mit einbezieht. Das Gebäude bietet Platz für Coworking, Büros und Comaking. Eine öffentliche Dachterrasse mit Blick auf die Altstadt rundet das Angebot ab. Die bisherige Platenfassade wird durch eine ansprechende Holzfassade ersetzt, um dem Gebäude eine natürliche und moderne Ästhetik zu verleihen.
Das städtebauliche Konzept für das Häckerareal verbindet den Industriecharme mit modernen und vielfältigen Nutzungen. Die Entwicklung erfolgt im Wesentlichen durch Clusterbildung rund um den Bestand mit einem zentralen Platz, der alles miteinander verknüpft. Die Vielfalt der Dachformen wird bewusst betont, um den Charme des Industriegebiets zu bewahren. Die Korngrößen der bestehenden Gebäude dienen als Leitfaden für die Weiterentwicklung des Areals.
Das alte Ziegelgebäude bildet den Kern und wird behutsam reduziert, um Platz für neue Nutzungen zu schaffen. Der markante Stahlaufbau des Hauptgebäudes wird von seiner Wellblechfassade befreit und präsentiert sich als markantes Stahlgerippe. Dieser Hochpunkt kann eine Aussichtsplattform beherbergen und bietet Raum für öffentliche und sportliche Aktivitäten.
Der Bestand wird vielseitig genutzt, einschließlich Coworking, Manufakturen, offene Flächen und Märkte. Eine Erschließungsachse durch den Bestand auf der Westseite verbindet sich mit dem zentralen Platz und setzt sich bis zur Brücke fort.
Der markante Neubau wird integraler Bestandteil des Platzes und öffnet sich zum Fluss. Hier finden gastronomische Einrichtungen und weitere Nutzungen Platz. Die eingestreuten Neubauten bieten Raum für Wohnen, wohnähnliche Nutzungen, Gewerbe, Coworking und Comaking.
Erschließung und Vernetzung
Die bestehende Wegeführung wird großflächig erhalten, angepasst und ergänzt, um Landmarken miteinander zu vernetzen und das Konzept von „Cradle to Cradle“ zu integrieren. Eine neue Rad- und Fußbrücke verbindet die Innenstadt und die Bürgergärten von Vaihingen mit dem Häckerareal. Zusätzlich ermöglichen zwei Anlegestellen für ein Ziehfloß an der Enz, dass Besucher*innen eigenständig über den Fluss gelangen können, was einen unkonventionellen und interaktiven Zugang zu Fuß gewährleistet. Der Turmplatz des Häckerareals dient als Dreh- und Angelpunkt des neuen Quartiers und verknüpft das Areal zur Innenstadt. Gleichzeitig fungiert der Weller-Auftaktplatz als Freiraum-Entrée und ist die Hauptvernetzung für den Süden von Vaihingen, zu den Terrassen an der Enz, der neuentstandene „Enzbogen“.
Insgesamt wird die Gartenschau Vaihingen an der Enz 2029 zu einem Ort, an dem die Prinzipien von „Cradle to Cradle“ und Nachhaltigkeit in allen Aspekten der Gestaltung verankert sind. Die Besucher können die Geschichte und die Umwelt auf eine einzigartige Weise erfahren und sich aktiv an der Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft beteiligen.